Aufsichtsrat und Abschlussprüfer

Das Dauerbrennerthema „Aufsichtsrat“ wird im kommenden Jahr einen weiteren Bedeutungszuwachs erfahren. Dafür sprechen mindestens zwei Gründe.

Zum einen wollen institutionelle Investoren wissen wie und von wem die Geschäftsführung der Gesellschaften überwacht wird. Dazu werden sie aktiver die Performance des Aufsichtsrats hinterfragen und Transparenz in Bezug auf den Nominierungsprozess bei der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern einfordern, so wie es bereits Fall Infineon zu sehen war.

Zum anderen hat die Europäische Kommission eine breit angelegte Konsultation zur Rolle der gesetzlichen Abschlussprüfung sowie zum Umfeld ihrer Durchführung eingeleitet und dazu das Grünbuch – Weiteres Vorgehen im Bereich der Abschlussprüfung: Lehren aus der Krise veröffentlicht und damit für viel Wirbel nicht nur in der Abschlussprüferszene gesorgt.

Wieder einmal wird die die Frage gestellt, “ … ob die Rolle der Abschlussprüfer nicht verbessert werden kann, um neue, in der Zukunft auftretende Finanzrisiken abzuschwächen.“ Diese Fragestellung ist nicht neu. Sie taucht immer wieder in der Folge großer Finanz- und Wirtschaftskrisen auf. Im Kern ging und geht es vor allem auch um die Verbesserung der Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen dem Aufsichtsrat und dem Abschlussprüfer.

Im Jahr 1931 während der ersten Weltwirtschaftskrise wurde im Wege der Notverordnung die obligatorische Pflichtprüfung eingeführt und der Beruf des Wirtschaftsprüfers ins Leben gerufen, um so zu verhindern, dass sich derartige Ereignisse noch einmal wiederholen. Der BGH hat im Jahr 1954 im sogenannten Redepflicht – Urteil erstmals näher konkretisiert wie Aufsichtsrat und Abschlussprüfer insbesondere im Krisenfall miteinander zu kommunizieren haben. Die gesetzliche Kodifizierung der Krisenwarnfunktion des Abschlussprüferes gegenüber dem Aufsichtsrat schließlich erfolgte im Aktiengesetz von 1965, von wo aus sie nahezu unverändert in das Bilanzrichtliniengesetz (BiRiLiG) 1985 übernommen worden ist. Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz (KonTraG) aus dem Jahr 1998 verpflichtete die Vorstände von Aktiengesellschaften Risikofrüherkennungssysteme einzurichten, die seitdem vom Abschlussprüfer und vom Aufsichtsrat zu prüfen sind. Das UMAG (Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts) brachte im Jahr 2005 die „Business Judgement Rule“ und eine weitere Verschärfung der Pflichtenlage, mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) wurde die Funktion des unabhängigen Finanzexperten im Aufsichtsrat geschaffen. Damit hat der Gesetzgeber einen Paradigmenwechsel eingeleitet, dessen Auswirkungen erst in den kommenden Jahren voll sichtbar werden.

Eine Frage die sich zwangsläufig aufdrängt und diskutiert werden muss, lautet: Was nutzen alle gesetzlichen Regeln, wenn es dann doch immer wieder zu (Unternehmens-) Krisen kommt? Klar ist, dass Aufsichtsräte und Abschlussprüfer zum Wohl und im Interesse der Unternehmen im Sinne einer Verantwortungsgemeinschaft zusammenarbeiten müssen. Dazu zwingt sie das Gesetz. Darüber hinaus gibt es aber auch eine moralisch, ethische Verantwortung jenseits aller gesetzlichen Standards und Regeln, die sich alle Beteiligten immer wieder bewußt machen sollten.

Weiterführende Links: Financial Experts Wiki / Grünbuch.

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