Warum sich mit Steuern beschäftigen, wenn es doch Fachleute gibt?

Die erste und entscheidende Erkenntnis für alle in Aufsichts- oder Beiratsorgangen engagierten Personen zu Steuerfragen ist, dass es sich keineswegs um einen statischen Vorgang handelt, bei der zum Zeitpunkt der Umsetzung einer Maßnahme die steuerlichen Auswirkungen geprüft werden und danach nicht mehr. Durch die weiterhin zahlreichen Gesetzesänderungen, aber auch durch die durch die Rechtsprechung in Frage gestellte anerkannte Prinzipien oder die Neuformulierung von Finanzverwaltungsauffassungen machen es erforderlich, ein regelmäßiges Monitoring der steuerlichen Situation vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen, so dass hierüber im Gremium berichtet wird. Ein Beispiel mag dies exemplarisch verdeutlichen: „Die Frage, ob bei international tätigen Unternehmen das Verbot von Aus- und Einreise-möglichkeiten und verordnetem Homeoffice zu Betriebsstättenbegründungen in der Coronazeit geführt hat, bedeutet weitreichende Steuerfragen, zu denen die OECD, aber auch die dt. Finanzverwaltung und Rechtsprechung in Ansätzen Überlegungen schon geäußert haben.“ Man benötigt eine „Awareness“ für steuerliche Risiken und deren Auswirkungen auf das Unternehmen. Die Personen in den Aufsichtsräten müssen nicht die steuerlichen Fragen beantworten, aber die Geschäftsleitung auf die Beantwortung sich hieraus ergebender steuerlicher Fragen hinweisen und entsprechende Wünsche und Forderungen formulieren.

  • Neben dieser wichtigen allgemeinen Empfehlung für die Arbeit von Aufsichtsrats- und Beiratsorganen, gibt es eine Vielzahl von betriebswirtschaftlichen Entscheidungen, die zum Teil maßgeblich von den steuerlichen Wirkungen beeinflusst werden. Bei der Beurteilung und Zustimmung zu bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen muss der Aufsichtsrat ein zutreffendes Bild über die steuerliche Dimension bekommen. Beispielhaft sind dies folgende Fragestellungen:
    • Innerkonzernliche Darlehensfinanzierungen und die Vermeidung von Mehrfachbesteuerung durch gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen beim leistenden Konzernunternehmen und gleichzeitig beim die Zinsen empfangenden Unternehmen
    • Innerkonzernliche Darlehensfinanzierungen und die Einhaltung der Zinsschranke zur Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinsen. Zwar gehen die Zinsen aktuell wieder etwas zurück, aber die Zinsbelastung hat sich bei vielen Unternehmen erhöht, so dass bisher als ausreichend betrachtete Freigrenzen ein steuerliches Problem darstellen können
    • Unzureichende Beteiligungshöhen zur Erlangung der Steuerfreiheit von Dividenden anderer Kapitalgesellschaften (10% für Körperschaftsteuerzwecke und 15% für Gewerbesteuerzwecke)
    • Kenntnis über die Zulässigkeit von Disquotalen Gewinnausschüttungen, deren zivilrechtlicher Voraussetzungen und deren sinnvoller Einsatz
    • Mitteilungspflicht für inländische- wie ausländische Steuergestaltungen
    • Bei personalistischen Familienunternehmen die Belastungen einer etwaigen Erbschaftsteuerbelastung und deren Finanzierbarkeit regelmäßig prüfen.
    • Verständnis über das internationale Verrechnungspreissystem des Untenehmens
    • Tax CMS als Berichtstool an den Aufsichtsrat einsetzen

Um diesen Wust an Informationen und betriebswirtschaftlichen Folgen, die aus Steuerfragen herrühren, beantwortet oder zumindest in den Grundzügen verstehen zu können oder sich zumindest in die Lage zu versetzen, aufgrund aktueller Entwicklungen der Geschäftsführung qualifizierte Fragen stellen zu können, sind Hilfsmittel, die KI Elemente beinhalten sehr hilfreich. Aktuell gibt es Überlegungen neben den sonstigen rechtlichen und regulatorischen Aspekten, die Aufsichtsräte wissen sollten, auch solche zu steuerrechtlichen Fragen systematisiert und auswertend zur Verfügung zu stellen. Ich werde gerne über den Fortgang der Überlegungen berichten.

Günther Strunk

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